Patient nutzt DiGA-App auf Smartphone nach ärztlicher Verschreibung
Digitale Gesundheitsanwendungen

DiGA: Apps auf Rezept – Digitale Gesundheitsanwendungen kostenlos nutzen

Telemedizin Portal
15 Min. Lesezeit
Apps auf Rezept von der Krankenkasse bezahlt: Wie Sie DiGA (Digitale Gesundheitsanwendungen) erhalten, welche verfügbar sind und wie sie bei Ihrer Erkrankung helfen können.

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Stellen Sie sich vor, Ihr Arzt verschreibt Ihnen statt eines Medikaments eine App – und Ihre Krankenkasse übernimmt die Kosten vollständig. Klingt futuristisch? Ist aber seit 2020 Realität in Deutschland. Die Rede ist von DiGA, den Digitalen Gesundheitsanwendungen, auch bekannt als “Apps auf Rezept”.

Doch was genau sind DiGA? Wie unterscheiden sie sich von den tausenden Gesundheits-Apps im App Store? Welche Erkrankungen können damit behandelt werden? Und vor allem: Wie kommen Sie an eine solche App? Dieser umfassende Ratgeber beantwortet alle wichtigen Fragen rund um Apps auf Rezept.

Was sind DiGA? Die Grundlagen der Digitalen Gesundheitsanwendungen

DiGA sind keine gewöhnlichen Gesundheits-Apps. Sie sind zertifizierte Medizinprodukte mit nachgewiesener medizinischer Wirksamkeit, die Ärzte wie Medikamente verschreiben können.

Die rechtliche Definition

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind laut Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) von 2019:

  • Medizinprodukte niedriger Risikoklasse (I oder IIa)
  • Hauptfunktion beruht auf digitalen Technologien (Apps, Web-Anwendungen)
  • Unterstützen Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten
  • Vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zugelassen
  • Erstattungsfähig durch gesetzliche Krankenkassen

Diese strenge Definition grenzt DiGA klar von Lifestyle-Apps, Fitness-Trackern oder Wellness-Anwendungen ab.

Der Unterschied zu normalen Gesundheits-Apps

Im App Store finden Sie tausende Gesundheits-Apps. Was macht DiGA so besonders?

DiGA müssen nachweisen:

Medizinischer Nutzen (positive Versorgungseffekte): Durch klinische Studien belegt – messbare Verbesserung der Gesundheit, nicht nur Wohlbefinden. Das BfArM prüft die wissenschaftliche Evidenz streng.

Datenschutz und Datensicherheit:

  • DSGVO-konform
  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
  • Keine Weitergabe von Gesundheitsdaten ohne Einwilligung
  • Server in Deutschland oder EU
  • Regelmäßige Sicherheitsaudits

Interoperabilität:

  • Integration in die Telematikinfrastruktur des Gesundheitswesens möglich
  • Schnittstellen zu elektronischer Patientenakte
  • Datenexport für Ärzte

Qualität und Nutzerfreundlichkeit:

  • Intuitive Bedienbarkeit
  • Barrierefreiheit
  • Technischer Support
  • Regelmäßige Updates

Normale Gesundheits-Apps müssen diese Standards nicht erfüllen. Viele sammeln Daten für Werbezwecke, haben keine wissenschaftliche Grundlage und bieten keinen nachgewiesenen medizinischen Nutzen.

Die Rolle des BfArM: Wächter über die Qualität

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist die zentrale Prüfstelle. Jede DiGA durchläuft ein strenges Zulassungsverfahren:

Fast-Track-Verfahren (3 Monate): Für DiGA mit bereits vorliegenden Studiendaten. Das BfArM prüft Nutzen, Sicherheit und Datenschutz.

Erprobungsphase (bis zu 24 Monate): Wenn noch keine ausreichenden Studiendaten vorliegen, wird die DiGA vorläufig zugelassen. Der Hersteller muss innerhalb von maximal 2 Jahren den medizinischen Nutzen nachweisen.

Dauerhaftes Verzeichnis: Nach erfolgreicher Prüfung wird die DiGA dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Bei Mängeln oder fehlenden Nachweisen erfolgt die Streichung.

Öffentliche Transparenz: Das BfArM veröffentlicht zu jeder DiGA ausführliche Informationen: Indikation, Studienlage, Kosten, Hersteller und Nutzungsdauer. Alle Informationen sind im DiGA-Verzeichnis unter diga.bfarm.de einsehbar.

Diese staatliche Kontrolle stellt sicher, dass nur wirksame und sichere Apps auf Rezept verschrieben werden können.

Wie funktionieren DiGA in der Praxis?

DiGA sind digitale Therapieprogramme, die Sie eigenständig nutzen – oft über Wochen oder Monate.

Typische Funktionen und Module

Psychoedukation: Verständliche Erklärungen zu Ihrer Erkrankung, Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten. Wissen ist der erste Schritt zur Besserung.

Interaktive Übungen: Strukturierte Aufgaben und Techniken, die Sie im Alltag anwenden können:

  • Entspannungsübungen bei Stress und Angst
  • Bewegungsprogramme bei Rückenschmerzen
  • Achtsamkeitstraining bei Depression
  • Schlafhygiene-Techniken bei Insomnie

Tagebuch und Monitoring: Dokumentation von Symptomen, Stimmung, Schmerzen oder Verhalten. Visualisierung von Fortschritten über Zeit. Diese Daten helfen Ihnen und Ihrem Arzt, den Therapieerfolg zu bewerten.

Erinnerungen und Motivation: Push-Benachrichtigungen für Übungen, Medikamenteneinnahme oder Selbstbeobachtung. Motivierende Nachrichten und Erfolgsmeldungen.

Chatbots und virtuelle Therapeuten: Manche DiGA bieten KI-gestützte Gesprächspartner für erste Hilfe in Krisensituationen oder Beantwortung häufiger Fragen.

Ärztlicher Support (optional): Einige DiGA beinhalten Kontakt zu echten Therapeuten oder Coaches per Chat oder Video – abhängig vom Angebot.

Datenexport für Ärzte: Sie können Ihre Fortschritte exportieren und mit Ihrem Arzt besprechen. Manche DiGA lassen sich direkt mit Praxissoftware vernetzen.

Unterschiedliche Therapieansätze

DiGA nutzen verschiedene evidenzbasierte Therapiemethoden:

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Der häufigste Ansatz, besonders bei psychischen Erkrankungen. Sie lernen, negative Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern.

Achtsamkeitsbasierte Verfahren: Bei Stress, Angst und chronischen Schmerzen. Übungen zu Meditation, Körperwahrnehmung und Akzeptanz.

Biofeedback: Bei Tinnitus, Kopfschmerzen oder Bluthochdruck. Sie lernen, körperliche Funktionen bewusst zu beeinflussen.

Bewegungstherapie: Bei Rückenschmerzen, Arthrose oder nach Verletzungen. Geführte Übungsprogramme mit Videoanleitungen.

Ernährungstherapie: Bei Diabetes, Adipositas oder Reizdarm. Individuelle Ernährungspläne und Tagebücher.

Die Methoden sind wissenschaftlich fundiert – keine Esoterik oder unbewiesene Heilsversprechen.

Welche DiGA gibt es? Der Überblick nach Anwendungsgebieten

Stand 2025 sind über 50 DiGA im BfArM-Verzeichnis. Hier die wichtigsten nach Indikationsgebieten:

Psychische Gesundheit (größte Kategorie)

Depression:

HelloBetter Chronische Schmerzen und Depression

  • 12-Wochen-Programm mit KVT-Elementen
  • Therapeutenbegleitung optional
  • Wert: ca. 499 Euro
  • Studien zeigen signifikante Symptomreduktion

Selfapy Depression

  • 12 Wochen, 9 Module
  • Basiert auf KVT und Achtsamkeit
  • Über 80% der Nutzer berichten Besserung
  • Wert: ca. 499 Euro

Angststörungen:

Mindable

  • Bei generalisierter Angststörung, Panikstörung, sozialer Phobie
  • 8-12 Wochen
  • Expositionsübungen und Entspannungstechniken
  • Wert: ca. 399 Euro

Invirto

  • Spezialisiert auf Angststörungen und Panikattacken
  • Virtual-Reality-Elemente zur Exposition
  • 12 Wochen mit therapeutischer Begleitung
  • Wert: ca. 474 Euro

Stress und Burnout:

HelloBetter Stress und Burnout

  • 7-12 Wochen
  • Stressmanagement-Techniken
  • Achtsamkeitsübungen
  • Wert: ca. 499 Euro

Schlafstörungen:

Somnio

  • Bei chronischer Insomnie
  • Digitale Schlaftherapie basierend auf KVT-I
  • 12 Wochen, nachweislich wirksamer als Schlafmittel
  • Wert: ca. 379 Euro

mementor

  • Bei Ein- und Durchschlafstörungen
  • Schlafhygiene, Entspannungstechniken, Gedankenstopp
  • 6-8 Wochen
  • Wert: ca. 225 Euro

Chronische Schmerzen

Rückenschmerzen:

Kaia Rücken

  • Bei chronischen und akuten Rückenschmerzen
  • Bewegungstherapie, Entspannung, Wissensmodule
  • 12 Wochen mit über 400 Übungen
  • Wert: ca. 399 Euro

Vivira

  • Bei muskuloskelettalen Schmerzen
  • Personalisierte Übungsprogramme
  • Physiotherapeutisch fundiert
  • Wert: ca. 299 Euro

Kniearthrose:

Karla

  • Speziell für Kniearthrose
  • Bewegungsübungen, Ernährungstipps, Schmerzmanagement
  • 12 Wochen
  • Wert: ca. 349 Euro

Migräne:

M-sense Migräne

  • Migräne-Tagebuch mit KI-Analyse
  • Trigger-Identifikation
  • Entspannungsübungen
  • Wert: ca. 299 Euro

Stoffwechsel und Ernährung

Adipositas:

zanadio

  • Bei starkem Übergewicht (BMI > 30 oder > 27 mit Begleiterkrankung)
  • 12-Monats-Programm mit persönlichem Ernährungscoach
  • Verhaltensänderung durch KVT
  • Wert: ca. 1.199 Euro

oviva Direkt

  • Ernährungstherapie bei Adipositas und Diabetes
  • Persönliche Ernährungsberatung per App
  • Foto-Tagebuch
  • Wert: ca. 399 Euro

Diabetes Typ 2:

Esysta

  • Digitales Diabetes-Management
  • Automatische Übertragung von Blutzucker- und Insulinwerten
  • Therapieoptimierung
  • Wert: variabel

Magen-Darm

Reizdarmsyndrom:

Cara Care

  • Bei Reizdarmsyndrom, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
  • Ernährungs-Tagebuch mit Trigger-Analyse
  • FODMAP-Diät-Anleitung
  • Wert: ca. 299 Euro

Tinnitus

Tinnitracks

  • Bei chronischem Tinnitus
  • Musiktherapie mit individuell angepassten Frequenzen
  • 12 Monate Nutzung
  • Wert: ca. 199 Euro

Kalmeda

  • Tinnitus-Management mit KVT
  • Entspannungstechniken, Hörtherapie
  • 12 Wochen
  • Wert: ca. 225 Euro

Weitere Indikationen

Atemwegserkrankungen:

  • Kaia COPD (chronisch-obstruktive Lungenerkrankung)
  • Kata (Asthma-Management)

Suchterkrankungen:

  • Vorvida (Alkoholabhängigkeit)
  • Nichtraucherhelden (Tabakentwöhnung)

Weitere:

  • elevida (nach Brustkrebs)
  • somnio (Panikstörungen)
  • rehappy (nach Schlaganfall)

Die vollständige und aktuelle Liste finden Sie immer unter diga.bfarm.de.

So erhalten Sie eine DiGA: Schritt für Schritt

Der Weg zur App auf Rezept ist einfacher als gedacht.

Weg 1: Verschreibung durch Arzt oder Psychotherapeut (häufigster Weg)

Schritt 1: Ärztliches Gespräch

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden. Wenn eine passende DiGA existiert, kann er diese verschreiben. Nicht alle Ärzte kennen DiGA bereits – scheuen Sie sich nicht, aktiv danach zu fragen.

Welche Ärzte können DiGA verschreiben?

  • Hausärzte
  • Fachärzte (je nach Indikation)
  • Psychotherapeuten
  • Zahnärzte (bei entsprechenden DiGA)

Schritt 2: Rezept erhalten

Der Arzt stellt Ihnen ein Rezept aus – entweder:

  • Muster 16 (rosa Rezept, klassisches Kassenrezept)
  • E-Rezept (elektronisch, mit Code)

Auf dem Rezept steht:

  • Name der DiGA oder Pharmazentralnummer (PZN)
  • Ihre Diagnose (ICD-Code)
  • Nutzungsdauer (meist 90 Tage, bis zu 12 Monate)

Schritt 3: Freischaltcode bei Krankenkasse einlösen

Mit dem Rezept gehen Sie zu Ihrer Krankenkasse (persönlich, per Post, online oder per App). Die Kasse prüft das Rezept und gibt Ihnen einen Freischaltcode – meist eine 16-stellige Buchstaben-Zahlen-Kombination.

Bearbeitungszeit: In der Regel 1-3 Werktage

Schritt 4: DiGA herunterladen und aktivieren

  1. DiGA im App Store (iOS) oder Google Play Store (Android) herunterladen
  2. Account erstellen
  3. Freischaltcode eingeben
  4. DiGA ist freigeschaltet und nutzbar

Schritt 5: Nutzung über die verschriebene Dauer

Sie nutzen die DiGA so lange, wie verschrieben (meist 90 Tage, manchmal 6-12 Monate). Danach endet der Zugang automatisch. Bei weiterem Bedarf kann Ihr Arzt eine Folgeverschreibung ausstellen.

Weg 2: Direktantrag bei der Krankenkasse (ohne Arztbesuch)

Seit 2024 können Sie DiGA auch direkt bei Ihrer Krankenkasse beantragen – ohne ärztliches Rezept.

Voraussetzungen:

  • Sie haben eine gesicherte Diagnose
  • Die Diagnose ist für die gewünschte DiGA zugelassen
  • Sie können die Diagnose nachweisen (z.B. alter Arztbrief, Befund)

Ablauf:

  1. Antrag bei Krankenkasse stellen (Formular, online oder App)
  2. Nachweis der Diagnose beifügen
  3. Kasse prüft (meist innerhalb 1 Woche)
  4. Bei Genehmigung: Freischaltcode erhalten
  5. DiGA aktivieren

Vorteile: Schneller, kein Arzttermin nötig bei bekannter Diagnose Nachteile: Keine ärztliche Beratung, Sie müssen selbst die passende DiGA identifizieren

Kosten: Was zahlen Sie?

Gesetzlich Versicherte: 0 Euro

Alle DiGA im BfArM-Verzeichnis werden von gesetzlichen Krankenkassen vollständig übernommen. Keine Zuzahlung, keine Rezeptgebühr, keine versteckten Kosten. Mehr zur Kostenübernahme bei Telemedizin durch Krankenkassen erfahren Sie in unserem detaillierten Ratgeber.

Privat Versicherte: Unterschiedlich

Private Krankenkassen sind nicht zur Erstattung verpflichtet. Viele erstatten DiGA jedoch:

  • Premium-Tarife: oft 80-100% Erstattung
  • Standard-Tarife: 50-70% Erstattung
  • Basis-Tarife: teilweise keine Erstattung

Prüfen Sie Ihre Versicherungsbedingungen oder fragen Sie bei Ihrer PKV nach.

Selbstzahler:

Wenn Sie die DiGA ohne Rezept kaufen möchten, zahlen Sie den vollen Preis:

  • Günstigste DiGA: ca. 120 Euro
  • Durchschnittspreis: 300-500 Euro
  • Teuerste DiGA: bis 1.200 Euro (z.B. zanadio)

Lohnt sich kaum – holen Sie sich lieber ein Rezept und zahlen Sie nichts.

Wirksamkeit von DiGA: Was sagt die Wissenschaft?

DiGA müssen ihre Wirksamkeit wissenschaftlich nachweisen. Doch wie gut funktionieren sie wirklich?

Studien und Erfolgsquoten

Depression (HelloBetter, Selfapy):

  • Studien zeigen signifikante Reduktion depressiver Symptome (im Schnitt 30-50% Verbesserung)
  • Vergleichbar mit face-to-face Psychotherapie bei leichten bis mittelschweren Depressionen
  • Besonders wirksam in Kombination mit klassischer Therapie

Schlafstörungen (Somnio):

  • Wirksamer als Schlafmittel bei chronischer Insomnie
  • 60-80% der Nutzer berichten deutliche Verbesserung
  • Effekte bleiben auch nach Ende der Nutzung bestehen (langfristige Verhaltensänderung)

Rückenschmerzen (Kaia):

  • Schmerzreduktion um durchschnittlich 40% nach 12 Wochen
  • Verbesserte Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit
  • Reduktion von Schmerzmitteln möglich

Adipositas (zanadio):

  • Durchschnittlich 8-10 kg Gewichtsverlust in 12 Monaten
  • Nachhaltige Verhaltensänderung durch psychologische Begleitung
  • Bessere Erfolgsquote als reine Diätprogramme

Tinnitus (Kalmeda, Tinnitracks):

  • Signifikante Reduktion der Tinnitus-Belastung (nicht der Lautstärke)
  • Besserer Umgang mit dem Ohrgeräusch
  • Verbesserte Lebensqualität

Wann wirken DiGA am besten?

Ideal für:

  • Leichte bis mittelschwere Erkrankungen
  • Chronische Beschwerden, die Selbstmanagement erfordern
  • Als Ergänzung zu klassischer Therapie
  • Menschen mit guter Eigenmotivation
  • Wenn Therapieplätze knapp sind (Wartezeit überbrücken)

Weniger geeignet für:

  • Schwere akute Krisen (Notfallbehandlung nötig)
  • Sehr schwere Depressionen mit Suizidgefahr
  • Menschen mit geringer digitaler Kompetenz
  • Fehlende Motivation zur aktiven Teilnahme

Erfolgsfaktoren:

  • Regelmäßige Nutzung (mehrmals pro Woche)
  • Konsequente Durchführung der Übungen
  • Offenheit für neue Therapieformen
  • Begleitende ärztliche Kontrolle

Vorteile gegenüber klassischer Behandlung

Verfügbarkeit: Sofort nutzbar, keine Wartezeiten. Psychotherapieplätze haben oft 6-12 Monate Wartezeit – DiGA überbrücken diese Zeit.

Flexibilität: Nutzung wann und wo Sie wollen. Ideal für Berufstätige, Menschen in ländlichen Regionen oder mit Mobilitätseinschränkungen.

Diskretion: Niemand sieht, dass Sie eine Therapie machen. Gerade bei psychischen Erkrankungen ein wichtiger Faktor gegen Stigmatisierung.

Individuelles Tempo: Sie bestimmen das Tempo. Keine zeitlich begrenzten Sitzungen, Sie können Module wiederholen.

Kosteneffizienz: Deutlich günstiger für das Gesundheitssystem als klassische Therapie, bei vergleichbarer Wirksamkeit.

Grenzen und Kritikpunkte

Keine persönliche Beziehung: Der therapeutische Kontakt fehlt – für manche Menschen ein wichtiger Heilungsfaktor.

Erfordert Eigeninitiative: Ohne äußeren Druck (Termine) nutzen manche DiGA nicht regelmäßig. Abbruchquoten liegen bei 30-50%.

Nicht für alle Erkrankungen geeignet: Schwere psychische Krankheiten, akute Krisen oder komplexe Fälle erfordern persönliche Behandlung.

Digitale Kompetenz erforderlich: Ältere Menschen oder digital unerfahrene Personen haben manchmal Schwierigkeiten.

Studienlage noch jung: Langzeitdaten (über 5+ Jahre) fehlen noch bei vielen DiGA.

Dennoch: Die Evidenz ist stark genug, dass DiGA als vollwertige Therapieoption anerkannt sind.

Datenschutz und Sicherheit bei DiGA

Gesundheitsdaten sind extrem sensibel. DiGA unterliegen höchsten Datenschutzstandards.

Rechtliche Anforderungen

DSGVO-Konformität: Alle DiGA müssen die Datenschutz-Grundverordnung erfüllen:

  • Explizite Einwilligung zur Datenverarbeitung
  • Recht auf Auskunft, Löschung, Berichtigung
  • Transparente Datenschutzerklärung
  • Datenminimierung (nur notwendige Daten erheben)

Medizinprodukte-Datenschutzverordnung (MPDG): Spezielle Regelungen für Gesundheitsdaten:

  • Besonders hohe Sicherheitsanforderungen
  • Keine Weitergabe ohne Einwilligung
  • Anonymisierung bei Forschung

Datenschutz-Folgenabschätzung: Vor Zulassung muss der Hersteller nachweisen, dass Datenschutzrisiken minimiert sind.

Technische Sicherheitsmaßnahmen

Verschlüsselung:

  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für Datenübertragung
  • AES-256-Verschlüsselung für gespeicherte Daten
  • TLS 1.3 für alle Verbindungen

Serverstandort:

  • Daten werden in Deutschland oder EU gespeichert
  • Keine Übertragung in Drittstaaten
  • Höchste EU-Datenschutzstandards

Zugriffskontrollen:

  • Nur Sie haben Zugriff auf Ihre Daten
  • Hersteller sieht nur anonymisierte Statistiken
  • Ärzte nur mit Ihrer Einwilligung

Regelmäßige Audits:

  • Externe Sicherheitsprüfungen
  • Penetrationstests
  • Zertifizierungen (ISO 27001)

Ihre Rechte als Nutzer

Transparenz: Sie müssen genau informiert werden, welche Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet werden.

Kontrolle:

  • Sie entscheiden, ob Daten mit Ihrem Arzt geteilt werden
  • Sie können Daten jederzeit löschen lassen
  • Sie können Daten exportieren (Datenportabilität)

Widerruf: Einwilligung zur Datenverarbeitung kann jederzeit widerrufen werden. Folge: Daten werden gelöscht, DiGA-Nutzung endet.

Keine Werbung: DiGA-Hersteller dürfen Ihre Daten nicht für Werbezwecke nutzen oder verkaufen.

Was passiert mit meinen Daten nach Ende der Nutzung?

Gesetzliche Aufbewahrungspflicht: Manche medizinischen Daten müssen 10 Jahre aufbewahrt werden (analog zu Patientenakten).

Nach Ablauf: Vollständige Löschung aller personenbezogenen Daten.

Forschungsdaten: Wenn Sie einwilligen, können anonymisierte Daten für Forschung genutzt werden. Rückschlüsse auf Sie sind dann unmöglich.

Best Practice: Lesen Sie die Datenschutzerklärung der DiGA vor der Nutzung. Seriöse Anbieter erklären klar und verständlich, was mit Ihren Daten passiert.

Praktische Tipps für die erfolgreiche Nutzung

DiGA wirken am besten, wenn Sie sie richtig nutzen. Hier unsere Empfehlungen:

Vor dem Start

Informieren Sie sich:

  • Lesen Sie Beschreibung und Studien der DiGA im BfArM-Verzeichnis
  • Schauen Sie sich Nutzer-Bewertungen an (App Store, Google Play)
  • Prüfen Sie, ob die DiGA zu Ihren Bedürfnissen passt

Realistische Erwartungen:

  • DiGA sind kein Wundermittel
  • Verbesserungen brauchen Zeit (Wochen bis Monate)
  • Aktive Mitarbeit ist erforderlich

Technische Vorbereitung:

  • Smartphone oder Tablet mit aktuellem Betriebssystem
  • Stabile Internetverbindung
  • Genügend Speicherplatz (meist 100-500 MB)
  • Stellen Sie sicher, dass Ihr Gerät kompatibel ist

Während der Nutzung

Regelmäßigkeit ist der Schlüssel:

  • Planen Sie feste Zeiten für die DiGA-Nutzung ein (z.B. täglich 15-30 Minuten)
  • Setzen Sie Erinnerungen (viele DiGA haben integrierte Reminder-Funktionen)
  • Behandeln Sie DiGA-Sessions wie Arzttermine – verbindlich

Ehrlich sein:

  • Geben Sie ehrliche Angaben zu Symptomen und Stimmung
  • Beschönigen Sie nichts – nur so kann die DiGA richtig unterstützen
  • Nutzen Sie Tagebuchfunktionen konsequent

Übungen wirklich durchführen:

  • Nicht nur durchklicken, sondern aktiv mitmachen
  • Übungen auch im Alltag anwenden
  • Experimentieren Sie, was für Sie funktioniert

Bei Problemen:

  • Nutzen Sie Support-Funktionen der DiGA
  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Schwierigkeiten
  • Passen Sie die Nutzung an Ihren Alltag an

Nach Ablauf der Verschreibung

Erfolge dokumentieren:

  • Notieren Sie Veränderungen (Symptome, Wohlbefinden, Funktionsfähigkeit)
  • Exportieren Sie Daten aus der DiGA
  • Besprechen Sie Fortschritte mit Ihrem Arzt

Weiterer Bedarf?

  • Bei positiven Effekten: Folgeverschreibung möglich
  • Manche DiGA sind für Langzeitnutzung gedacht (z.B. Diabetes-Management)
  • Andere sind Kurzzeitinterventionen (z.B. 12-Wochen-Programme bei Depression)

Gelerntes beibehalten:

  • Viele DiGA vermitteln Techniken, die Sie auch ohne App anwenden können
  • Integrieren Sie erfolgreiche Strategien in Ihren Alltag
  • Bei Rückfällen: Erneute Verschreibung möglich

Feedback geben:

  • Bewerten Sie die DiGA im App Store
  • Rückmeldungen helfen anderen Patienten
  • Hersteller verbessern DiGA basierend auf Nutzerfeedback

Häufige Fragen und Missverständnisse

“Ersetzen DiGA den Arztbesuch?”

Nein, absolut nicht. DiGA sind eine Ergänzung, kein Ersatz. Sie unterstützen die Behandlung, aber:

  • Diagnose wird weiterhin vom Arzt gestellt
  • Verschreibung erfolgt durch Arzt
  • Regelmäßige Kontrolle bleibt wichtig
  • Bei Verschlechterung: Arzt aufsuchen

Ideal ist die Kombination: Ärztliche Betreuung + DiGA für Selbstmanagement im Alltag.

“Sind DiGA nur für technikaffine Menschen?”

Nein. Die meisten DiGA sind so gestaltet, dass auch digital unerfahrene Menschen sie nutzen können:

  • Intuitive Bedienung
  • Schritt-für-Schritt-Anleitungen
  • Tutorials und Hilfevideos
  • Technischer Support per Chat, Telefon oder E-Mail

Wichtig: Bei der ersten Nutzung Zeit nehmen. Viele ältere Menschen nutzen DiGA erfolgreich.

“Verkaufen DiGA-Hersteller meine Gesundheitsdaten?”

Nein, das ist streng verboten. DiGA unterliegen höchsten Datenschutzstandards:

  • Keine Weitergabe ohne Ihre Einwilligung
  • Keine Nutzung für Werbezwecke
  • Keine Verkauf an Dritte
  • Verstöße werden mit hohen Strafen geahndet

Bei Forschungsprojekten können nur anonymisierte Daten genutzt werden – wenn Sie explizit einwilligen.

“Zahlt wirklich jede Krankenkasse?”

Ja, alle gesetzlichen Krankenkassen müssen alle zugelassenen DiGA erstatten. Das ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 33a SGB V). Die Kasse kann die Erstattung nicht ablehnen, wenn:

  • Die DiGA im BfArM-Verzeichnis ist
  • Sie eine passende Diagnose haben
  • Ein Arzt die DiGA verschrieben hat oder Sie direkt beantragen

Private Kassen: Nicht verpflichtet, erstatten aber oft trotzdem. Fragen Sie vorab nach.

“Was passiert, wenn ich die DiGA nicht nutze?”

Nichts Negatives. Sie sind nicht verpflichtet, eine verschriebene DiGA zu nutzen. Folgen:

  • Keine Kosten für Sie (auch bei Nichtnutzung)
  • Ihr Arzt wird nicht informiert (außer Sie teilen es mit)
  • Kein Nachteil bei zukünftigen Verschreibungen

Aber: Verschenkte Chance auf Besserung. Wenn eine DiGA verschrieben wurde, probieren Sie sie zumindest aus.

Zukunft der DiGA: Was kommt als Nächstes?

Das DiGA-System ist noch jung, entwickelt sich aber rasant.

Neue Anwendungsgebiete

In Entwicklung bzw. bald verfügbar:

  • DiGA für Kinder und Jugendliche (Konzentrationsstörungen, ADHS, Depressionen)
  • Neurologische Erkrankungen (Parkinson, Multiple Sklerose)
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Bluthochdruck-Management, Herzinsuffizienz)
  • Krebsnachsorge (weitere Indikationen)
  • Seltene Erkrankungen

Technologische Weiterentwicklung

KI und Personalisierung: Noch individuellere Programme durch künstliche Intelligenz, die Ihre Fortschritte analysiert und Übungen anpasst.

Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR): Immersive Therapieerlebnisse, besonders bei Angststörungen (Expositionstherapie) oder Schmerztherapie.

Wearable-Integration: Verbindung mit Smartwatches, Fitness-Trackern und medizinischen Sensoren für kontinuierliches Monitoring.

Sprachassistenten: Nutzung per Sprachsteuerung für noch einfachere Bedienung.

Internationale Entwicklung

Vorreiterrolle Deutschlands: Deutschland ist weltweit führend bei der Erstattung digitaler Gesundheitsanwendungen. Andere Länder schauen genau auf das deutsche Modell.

Potenzial:

  • Grenzüberschreitende Nutzung in der EU
  • Export deutscher DiGA in andere Länder
  • Internationale Standards für digitale Gesundheit

Gesellschaftliche Auswirkungen

Entlastung des Gesundheitssystems: DiGA reduzieren Arztbesuche bei leichteren Erkrankungen, schaffen Kapazitäten für komplexe Fälle.

Demokratisierung von Therapie: Auch Menschen in ländlichen Regionen oder mit eingeschränkter Mobilität erhalten Zugang zu hochwertiger Behandlung.

Prävention statt Reaktion: Zukünftig könnten DiGA auch präventiv eingesetzt werden – bevor Krankheiten entstehen.

Fazit: DiGA als fester Bestandteil moderner Medizin

Digitale Gesundheitsanwendungen sind keine Spielerei, sondern wissenschaftlich fundierte Medizinprodukte mit nachgewiesener Wirksamkeit. Sie ergänzen die klassische Medizin sinnvoll und machen Therapie zugänglicher, flexibler und individueller.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

DiGA sind mehr als Apps: Zertifizierte Medizinprodukte mit wissenschaftlich belegtem Nutzen, strengen Datenschutzstandards und staatlicher Kontrolle durch das BfArM.

Kostenlos für GKV-Versicherte: Alle zugelassenen DiGA werden vollständig von gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Hunderte Euro Wert – für Sie kostenlos.

Breites Anwendungsspektrum: Über 50 DiGA für psychische Erkrankungen, chronische Schmerzen, Stoffwechselerkrankungen, Tinnitus, Magen-Darm-Probleme und mehr.

Wirksam und sicher: Studien belegen signifikante Verbesserungen, vergleichbar mit klassischen Therapien bei vielen Indikationen.

Einfacher Zugang: Verschreibung durch Arzt oder Direktantrag bei Krankenkasse. In wenigen Tagen nutzbar.

Ideal als Ergänzung: DiGA ersetzen nicht den Arzt, sondern unterstützen Selbstmanagement zwischen Arztterminen oder überbrücken Wartezeiten.

Unsere Empfehlung:

Wenn Sie unter einer chronischen Erkrankung, psychischen Belastung oder Schmerzen leiden, sprechen Sie Ihren Arzt aktiv auf DiGA an. Schauen Sie sich das BfArM-Verzeichnis an und identifizieren Sie passende Anwendungen. Eine DiGA-Verschreibung kostet Sie nichts – außer der Zeit, sie zu nutzen. Und diese Investition kann Ihre Lebensqualität deutlich verbessern.

Die Digitalisierung der Medizin ist keine Zukunftsmusik mehr – sie ist bereits Realität. DiGA sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer patientenzentrierten, flexiblen und effektiven Gesundheitsversorgung. Nutzen Sie diese Chance.

Weitere Ressourcen:

  • Offizielles DiGA-Verzeichnis: diga.bfarm.de
  • Informationen für Patienten: bundesgesundheitsministerium.de
  • Fragen zur Kostenübernahme: Ihre Krankenkasse (Website oder Servicetelefon)
  • Beratung: Ihr Hausarzt oder Facharzt

Ihre Gesundheit liegt auch in Ihren Händen – und jetzt auch in Ihrem Smartphone.

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